Annemarie Delleg ist auf einem Bauernhof in Südtirol aufgewachsen. Sie hat gelernt zu zeichnen, vielmehr, sie hat es sich selbst beigebracht. Sie hat gelernt zu träumen und sie träumt von Rom ("der Stadt der Liebenden"), dem Kuß, ihrer Hochzeit im roten Kleid, den Stars von Cannes, von Meerjungfrauen und Schwangeren. Sie sieht sich als Marketenderin, Magierin, Engel, breitet sich aus in ihren verschiedenen Rollen, probiert Identitäten und Posen, versucht sich in ihren Träumen zu erweitern. Sie kämpft in ihren Bildern um die anschauliche Evidenz dieser Visionen. Zugleich versucht sie dabei "Es" richtig zu treffen und möchte stets "richtig können", was sie tut.
Die Konfliktträchtigkeit dieser Versuche ist in den Bildern nicht nur unübersehbar, sondern sie erst macht das Werk auch interessant und bemerkenswert. Uns, als Betrachter, die nicht nach dem "Können" einer von Down Syndrom betroffenen Kind-Person, sondern nach ihrer Erlebniswirklichkeit fragen, nicht von der anrührenden Repräsentation eines Idylls geblendet, sondern von den, uns selbst betreffenden, Brüchen und Rissen in diesen Bildern erfasst werden, springt sie ins Auge.